Stern von Bethlehem

Sonderpostwertzeichen-Serie
„Weihnachten 2014"

Der älteste bekannte Beleg für die Herleitung des Wortes „Weihnacht" lautet „ze wihen nahten" und ist eine adjektivische Wendung in der Predigtsammlung „Speculum ecclesiae", entstanden um 1170.

WEM Marke 2014

Es heißt hier: „diu gnäde diu anegengete sih an dirre naht: von diu heizet si diu wîhe naht" – „Die Gnade (Gottes) kam zu uns in dieser Nacht: deshalb heißt diese nunmehr Weihnacht." „Ze wihen naht geborn wart ... der heilige krist" erklärt fast zeitgleich auch der hochmittelalterliche bayerische Dichter Spervogel.

„Ze wihen nahten", in der heiligen Nacht, wenn „das Licht in die Finsternis leuchtet" (Joh 1,5), wird „Weihnacht" (Singular!) gefeiert, das Fest der Geburt Christi. Das Evangelium nach Johannes nimmt das Bild vom Licht auf, wenn es hier heißt: „... das Licht leuchtet in der Finsternis und die Finsternis hat es nicht erfasst." Und Johannes präzisiert: „Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, kam in die Welt."
Zum äußeren Zeichen dieses göttlichen Lichtes wird ein Stern, der Stern von Bethlehem. Das christliche Altertum verstand darunter einen Stern mit Schweif, einen Kometen.

In der Antike galten Sterne als vernunftbegabte Lebewesen, die sich um die Welt sorgten. Oft wurden sie als Götter verehrt, weshalb sich die Astrologie entwickelte. Im Rahmen dieser Vorstellungen entstand der Glaube, wonach das Schicksal eines jeden Menschen von dem Stern abhängig sei, unter dem er geboren wurde. Unter den Juden war der Sternenkult später verpönt (vgl. Dt 4, 19), aber ihnen und den Kirchenvätern galt er für die Heiden, damit sie „nicht gänzlich gottlos würden und gänzlich zugrunde gingen ... Er war ein Weg, der ihnen gegeben worden war, damit sie sich durch die Verehrung der Gestirne zu Gott emporarbeiten sollten" (Clemens von Alexandria (+ 215), Strom VI, 110, 3ff.).

Die Grundsymbolik der Sterne besteht darin, Abbild jener göttlichen Idee zu sein, nach der die Schöpfung sich um Gott bewegt, seinen Willen erfüllt. Die Sterne zeigen: Gott ist Mitte der Schöpfung, alles Leben kreist um ihn. Der moabitische Seher Balaam hatte prophezeit: „Ich sehe ihn, aber nicht jetzt, ich erblicke ihn, aber nicht in der Nähe: ein Stern geht in Jakob auf, ein Szepter erhebt sich in Israel" (Nm 24, 17) – deshalb auch die Bezeichnung Jakobsstern. Diese auf Jesus Christus hin gedeutete Weissagung erhebt ihn zum König: „Stern", „Sonne" und „Sonnenaufgang" sind Begriffe, die in der Antike das Königtum verdeutlichen.
Der neu aufgegangene Stern von Bethlehem signalisiert aber nicht nur den neuen König, den Messias, sondern führt die Heiden in der Gestalt der Magier zur Krippe, wo sie vor Gottes Sohn anbetend niederknien, ihn durch symbolhafte Geschenke (Gold, Weihrauch, Myrrhe) als Messias verehren. Diese Magier sind keine Juden; sie stehen für die Nichtjuden, sind die Vorläufer der Christen.
Der Stern, der den Weg zur Krippe weist, ist nach alter christlicher Tradition Christus selber. Der Märtyrerbischof Ignatius von Antiochien formuliert: „Christus im Geheimnis der Menschwerdung ist selbst der Stern ... Mit dem eignen Licht weist er also auf sich selber hin" (Ambr. in Luc. II, 45). Diese Deutung wird in der Kunst aufgenommen, die den Stern der Magier gelegentlich mit Christusmonogramm, Kreuz oder der Christusgestalt verbindet.
Der Stern von Bethlehem – Christus selbst, der als Licht in die Finsternis unserer Welt kommt.
Text: Prof. Dr. theol. Manfred Becker-Huberti, Grevenbroich

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